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Einer ist hier schon verrückt geworden

Anthologie

Gerda Sengstbratl und andere Autorinnen haben sich auf ein spannendes Unterfangen eingelassen: Sie literarisieren den Inhalt einer Damenhandtasche. 'Flugticket' führt ins Matriarchat auf den Bijagos Inseln in Westafrika.

Im vorliegenden Buch stellt die Autorin die beiden Pole Afrika und Österreich einander gegenüber, zeigt die Unmöglichkeit  dieser beiden Topoi und ihrer dahinterliegenden Gesellschaftsstrukturen auf, einander zu berühren, zu befruchten. Brisante Themen wie Migration, Integration ohne Anerkennung, Rassismus und Diskriminierung in Österreich flammen - Warnungen gleich - auf; in jener eigenwillig mithin auch trotzigen Sprache, welche die Arbeiten der Autorin ohnehin kennzeichnet.

Nicht selten gerät Literatur, die im Einzugsbereich von Gesellschaftskritik agiert, trocken und eindimensional: dieses Buch jedoch spiegelt Vielschichtigkeit, Vielstimmigkeit von nebeneinander stehenden, einander durchwirkenden oder einander ausschließenden Wirklichkeiten wider. Die Autorin führt Traum und Realität, Wunsch und Status Quo, Mythos und Politik zusammen. Eine feine ironische Schwingung durchzieht das Buch, eine Ironie, die gerade jene Funktion erfüllt, die die erneute Auseinandersetzung mit oben genannten Themen ermöglicht: Die Protagonistin kämpft für die Rechte ihre Mannes Jerome, eines Afrikaners, in Österreich.

Ein sensibles, farbenfrohes und sprachlich erfrischendes Buch, welches sich dadurch auszeichnet, dass es Gefühle freisetzt und dass es zudem jene (auch afrikanischen) Wurzeln sichtbar macht, die jenseits von unverrückbar scheinenden gesellschaftlichen Bedingungen uns tiefer, viel tiefer mit unserer Existenz verbinden.

Petra Ganglbauer

Gerda Sengstbratl: Einer ist hier schon verrückt geworden

Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra, 2010
Preis: 15 € / 25 sfr
ISBN  978-3-900000-69-1